Es ist still. Der Motor abgestellt. Kein Windhauch kräuselt das Wasser. Reykja treibt über den dunklen Ozean. Ich will ein paar Stunden schlafen. Plötzlich ein tiefes Schnaufen. Dann Atemzüge von überall.
Es haut mich um.
Ich habe Delfine gesehen in den vergangenen Tagen. Sie zu hören ist etwas völlig anderes. Die Augen sehen bizarr verspielte Fische um mein Boot tanzen. Lustig. Skurril. Fremd.
Aber die Ohren verraten den Verwandten. Er atmet. Wie ich. Kein Fisch mehr. Er gehört zu meiner Spezies. Kann er auch seufzen? Oder weinen?
Google ratlos
Ich frage Google, warum Delfine um mein Boot tanzen.
Denn mir bleibt rätselhaft, warum sie alle ihre Delfindinge stehen und liegen lassen, sowie sie mein Boot hören. Mit hohem Tempo, immer wieder springend, suchen sie die Bugwelle von Reykja. Jagen sie? Paaren sie sich? Was mögen sie an dem Schiff?
Manche schwimmen auf dem Rücken. Bauch an Bauch. Andere springen gleichzeitig aus dem Wasser. Ein kleiner Delfin schwimmt völlig synchron über einem Grossen. Wenn ich mich über Bord lehne, schauen offene Augen zurück. Mir scheint: Je stärker ich sie beachte und mit ihnen rede, desto länger bleiben sie.
Aber Google bleibt stumm. Eine wissenschaftliche Studie zu meinen Fragen? Fehlanzeige. Nach Delfinen fragen nur Kinder. Ihre Seiten füllen die Trefferliste. „Delfine sind sehr neugierig. Außerdem sind Delfine verspielt“, weiss wissen.de. „Die Meeressäuger sind besonders süß, besonders schelmisch, besonders freundlich – und auch besonders intelligent“ verkündet das geolino tierlexikon. Nur stern.de argumentiert erwachsen: Es seien ausschließlich männliche Delfine, zitiert es einen brasilianischen Skipper, die versuchen würden, die Boote von trächtigen Weibchen abzulenken.
Ergriffen sein
Ich bin baff. Ist das wirklich alles? Wo sind die Tonnen an Skripten und Dissertationen, in denen mir Biologen die Attraktion der Bugwelle genau erklären? Vermutlich habe ich falsch gesucht. Vielleicht will ich es gar nicht genau wissen?
Braucht es überhaupt die naturwissenschaftliche Erklärung? Hier begegnet mir Fremdes. Ganz nah. Und ich reagiere.
Fragend. Staunend. Ergriffen.